Duisburger Studenten der frühen Neuzeit:
Zur Neuedition der alten Duisburger Universitätsmatrikel

(Vortrag im Institut für Niederrheinische Kulturgeschichte und Regionalentwicklung am 21.11.2001)

Manfred Komorowski

Studenten und andere Universitätsangehörige wie Drucker, Pedelle, Tanz-, Sprach- oder Fechtmeister, nicht aber die mit Dienstverträgen ausgestatteten Professoren trugen sich seit dem Mittelalter in Verzeichnisse der Mitglieder einer Hochschule - in Matrikeln(1) eben - ein. Sie unterwarfen sich durch Eidesleistung den akademischen Gesetzen und belegten durch ihre Unterschrift die rechtliche Zugehörigkeit zur Universität. Sie genossen dadurch einige Privilegien wie etwa die von der Obrigkeit allerdings oft nicht respektierte Befreiung vom Militärdienst.
Da die Matrikeln deutscher Universitäten der frühen Neuzeit Hunderttausende von Namen enthalten, sind sie natürlich eine personengeschichtliche Quelle ersten Ranges, tauchen hier doch unzählige Personen auf, die man sonst nicht oder nur sehr schwer nachweisen kann, da sie nicht berühmt wurden und somit Aufnahme in Lexika fanden. Von besonderer Relevanz sind die Matrikeln für die Bildungs-, Universitäts- und Wissenschaftsgeschichte, ermöglichen sie doch genaue Aussagen über die Zusammensetzung der Studentenschaft, das Einzugsgebiet, die Attraktivität und damit die Besucherfrequenz einzelner Hochschulen. Schon immer waren sie zudem beliebte Quellen für Genealogen.
Andererseits sollte man den Quellenwert alter Universitätsmatrikeln angesichts der oft dürftigen Angaben nicht überschätzen. Ob sie sich allerdings besonders als Quellen für sozial- oder wirtschaftsgeschichtliche Untersuchungen eignen, wie es der Schweizer Universitätshistoriker Rainer Ch. Schwinges mehrfach propagiert hat, mag doch bezweifelt werden. Man kann wohl angesichts der recht unterschiedlichen Quellenlage eher mit Uwe Alschner für eine pragmatische Matrikelforschung plädieren(2). Es sei zudem betont, dass zahlreiche Universitäten neben der Haupt- bzw. Rektoratsmatrikel noch Fakultäts- oder Promotionsmatrikeln führten.

Seit Ende des 19. Jahrhunderts hat die universitätsgeschichtliche Forschung beträchtliche Energien darauf verwandt, Matrikeln zu edieren, so dass heute fast alle deutschen Universitäten der frühen Neuzeit Editionen ihrer Matrikeln besitzen. Ausnahmen bilden hier nur Mainz, Rinteln, wo die handschriftlichen Matrikeln verloren gingen und man versucht hat, die Studentenschaft aus anderen Quellen zu rekonstruieren.
Markante Lücken in der Editionsarbeit sind momentan noch die bisher nicht publizierten Matrikeln der bedeutenden Hochschulen Halle (ab 1741) und Jena (ab 1764). Beide sind aber in Arbeit. Des weiteren klaffen noch große Lücken für die zweite Hälfte des 19. und erst recht für das 20. Jahrhundert.
Was die Methodik der Editionen anbetrifft, besteht heute Konsens, dass die Matrikel originalgetreu, also in der Regel im vollen Wortlaut und in der chronologischen Abfolge ihrer Einträge wiederzugeben und durch alphabetische Register der Personen- und Ortsnamen zu erschließen sind. Sogenannte Suchbucheditionen ohne den exakten Wortlaut der Eintragungen und ohne Register der Herkunftsorte bzw. -regionen wie es sie für Halle oder Jena gibt, also nur alphabetische Register, sind abzulehnen, da sie keine Aussagen über die Studentenschaft in einem bestimmten Zeitraum ermöglichen. Insgesamt ist zudem festzustellen, dass auch eine Reihe von edierten Matrikeln - nicht zuletzt die Duisburger - zahlreiche Lesefehler enthalten, was bei den oft schwer lesbaren Einträgen im handschriftlichen Original nicht erstaunen kann. Deswegen ist die Hinzuziehung anderer Quellen wie Universitätsschriften, Stammbücher usw. unerlässlich. Insgesamt könnte so manche bereits edierte Matrikel von Lesefehlern befreit und auf den neuesten Stand der Forschung gebracht werden.
Allgemein verbindliche und zugleich praxistaugliche Richtlinien für die Kommentierung von Matrikeleditionen lassen sich kaum formulieren. Erklärungsbedürftige Formulierungen in den Einträgen sollten zwar generell kommentiert werden, doch müssen Bearbeiter je nach Arbeitsanfall und -kapazität entscheiden, ob sie etwa biographische Notizen zu den einzelnen Studenten ermitteln wollen und können. Dies ist zwar sehr hilfreich und wünschenswert, doch macht es schon einen bedeutenden Unterschied, ob diese Arbeit für etwa 6.000 Studenten wie in Duisburg oder für etwa 14.000 in Jena allein für den Zeitraum 1764-1818(3) zu leisten ist.

Duisburg

Nachdem der erste Versuch einer Universitätsgründung in Duisburg in den Jahren 1561-1566 gescheitert war, schuf Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg nach Beendigung des 30jährigen Krieges eine reformierte Hochschule in Duisburg, die im Oktober 1655 feierlich eröffnet wurde, aber schon vorher, ab Anfang 1652 ihren Lehrbetrieb als Akademisches Gymnasium aufgenommen hatte. Am 8. Januar 1652 trugen sich die ersten, mit ihrem Lehrer Johann Clauberg aus Herborn vertriebenen Studenten in die Duisburger Matrikel ein. Bis 1818 enthält die Rektoratsmatrikel 5.938 Einträge.(4) Sie wird ergänzt durch weitere Studentenverzeichnisse wie die Promotionsmatrikeln der juristischen und medizinischen Fakultät(5), in denen einige nicht in der Hauptmatrikel nachgewiesene Personen auftauchen. Da es zudem überall auch Studenten und sonstige Universitätsangehörige gab, die sich nicht immatrikulierten, ist wohl insgesamt mit knapp 6.000 Personen zu rechnen.
Die Rektoratsmatrikel, in die sich die Studenten meist, aber nicht immer eigenhändig eintrugen, ist im Gegensatz zu vielen älteren Matrikeln eine schmucklose Handschrift. Sie gelangte mit dem Universitätsarchiv und der Universitätsbibliothek 1818 nach Bonn und wurde erst im 20. Jahrhundert dem Hauptstaatsarchiv in Düsseldorf übergeben. Im Teilbestand "Universität Duisburg" trägt sie dort die Nummer 172. Eine Xerokopie befindet sich Stadtarchiv Duisburg. Die Handschrift besteht aus 570 Seiten, die erst 1912 durchgezählt wurden.

Die Seite 23 und die Seite 116 als Beispiele in separatem Fenster

Im Jahre 1938 publizierte Wilhelm Rotscheidt (1872-1945), Pfarrer in Moers und Essen und Verfasser vieler kirchen-, universitätsgeschichtlicher und genealogischer Studien, die "Matrikel der Universität Duisburg 1652-1818". Im Rahmen seiner editorischen Arbeit hatte Rotscheidt mit beträchtlichen Problemen zu kämpfen. Die Einträge waren oft schwer lesbar, manchmal sogar nahezu unleserlich. Bis 1770 war auch kein einheitliches Schema vorgegeben. So wechselten sich ohne erkennbaren Grund Perioden mit sehr detaillierten Einträgen mit solchen äußerster Dürftigkeit ab. Es konnte deshalb nicht ausbleiben, dass Rotscheidt so manchen Namen und Heimatort falsch interpretierte.
Wie er im Vorwort bekannte, hatte er ursprünglich die Absicht, "den Namen der Studierenden auch ihre Personalien beizufügen", also biographische Daten zu möglichst jedem Universitätsangehörigen zu ermitteln, musste aber bald erkennen, dass diese Aufgabe für eine Einzelperson und auch mit den damaligen Hilfsmitteln unlösbar war.

Die ständige Benutzung der Duisburger Matrikel im Rahmen der Erfassung der alten Duisburger Universitätsschriften ab Anfang der 1980er Jahre brachte mich nach und nach auf die Idee, angesichts der Mängel Rotscheidts eine neue Edition in Angriff zu nehmen, bei der es einerseits um eine nochmalige gründliche Überprüfung des Manuskripts, aber vor allem auch um die bereits von Rotscheidt angedachten biographischen Notizen gehen sollte, denn gerade über den weiteren Lebensweg der Studenten, ihre Karrieren wüsste man gerne mehr. Hier gibt es noch viele Forschungslücken(6). Obwohl eine Reihe von Matrikeleditionen sporadisch biographische Notizen bzw. Hinweise auf biographische Belegstellen lieferten, mussten die Herausgeber von Matrikeln größerer Universitäten aus arbeitsökonomischen Gründen auf eine Ausweitung in Richtung eines biographischen Lexikons verzichten. Eine Ausnahme bildete die 1459 gegründete Universität Basel, die es geschafft hat, in 30jähriger Arbeit ihre Matrikeledition zu einem 5bändigen bio-bibliographischen Lexikon ihrer Studentenschaft bis 1818 auszubauen(7). Sie war für unsere Duisburger Pläne ein ähnliches Vorbild wie die Matrikeledition der Académie de Genève(8).
Es war eine glückliche Fügung, dass Herr Professor Stöve sich für das Projekt interessierte, mit Herrn Dr. Joseph Wijnhoven aus den Niederlanden einen in der Edition frühneuzeitlicher Quellen erfahrenen Wissenschaftler gewinnen konnte, die Koordination der Matrikeledition übernahm und in die Forschungsarbeit des Duisburger Collegium Cartesianum integrierte. Die bisherigen Aktivitäten mündeten 1999 in einen auch umgehend bewilligten DFG-Antrag, der die Finanzierung von Herrn Wijnhoven und einer studentischen Hilfskraft, Frau Julia Weibel, für zwei Jahre sicherte.
In mehreren Arbeitsgesprächen kamen die Beteiligten überein, dass Herr Wijnhoven das Manuskript der Matrikel noch einmal einer detaillierten paläographischen Prüfung unterziehen, während meine Arbeit vorrangig im Ausbau des schon seit Anfang der 1990er Jahre in Form einer Datenbank existierenden bio-bibliographischen Apparates liegen sollte.
Herr Wijnhoven legte in schneller Folge jeweils erweiterte und verbesserte Versionen des Manuskripts vor, und zwar nicht wie zuerst vorsichtig angedacht nur für das 17. Jahrhundert, sondern gleich bis 1818. Aus seiner reichen Kenntnis der frühneuzeitlichen, vor allem der niederländischen biographisch-genealogischen Quellen brachte er zudem wichtige biographische Informationen zu zahlreichen Studenten in das Projekt ein, die ich dann umgehend in meiner Datenbank ergänzte. Meinerseits übermittelte ich Herrn Wijnhoven die neuen Ergebnisse meiner Recherchen. Insgesamt ist so schon jetzt ein umfangreicher biographischer Apparat zur Duisburger Universitätsmatrikel entstanden, der aber noch weiter ausgebaut wird.
Im Bereich der elektronischen Datenverarbeitung (Gestaltung der biographischen Datenbank und Internet-Präsentation des Projekts) war und ist die Mitarbeit von Frau Dr. Barbara Fink von großer Bedeutung.

Zur editorischen Arbeit im Detail

Es war bereits die Rede davon, das die Matrikeleinträge lange, bis zur Vereinheitlichung 1770, von höchst unterschiedlicher Länge und damit differierendem Informationsgehalt waren. Enthielten sie in ihrer idealen Form den Namen, die Herkunft, das Lebensalter, die vorher besuchten Schulen oder Universitäten, das Studienfach und natürlich das Immatrikulationsdatum, so konnten ganz plötzlich, wohl je nach Sorgfalt des im Auftrage des Rektors matrikelführenden Universitätssekretärs, die Angaben auf ein Minimum absinken. In den Jahren 1663 und 1664 bestehen z. B. die Einträge überwiegend nur aus dem Namen, dem Herkunftsort und dem Immatrikulationsdatum Diese Unregelmäßigkeiten setzen sich wie gesagt bis 1770 - und manchmal auch noch darüber hinaus - fort, als die preußische Regierung bestimmte, dass der Matrikeleintrag fortan enthalten sollte: die laufende Nummer, das Datum, den vollständigen Namen des Studenten, analog den des Vaters und dessen Beruf, den Wohnort des Vaters oder, falls verstorben, der Mutter sowie das Studienfach.
Sprechen die meisten Einträge für sich, so sind die Herausgeber doch gefordert, wenn Matrikeleinträge erklärungsbedürftig sind, wenn z. B. Namen von Schulrektoren oder nach 1770 von Vätern und Müttern genannt sind. Im Eintrag des Studenten Isaak Christian Pistorius heißt es 1654 etwa: "avum habuit D. Cramerum". Gemeint war Isaak Cramer, 1637-1638 Rektor des Duisburger Gymnasiums.
Was die Korrektur von offenkundigen Lesefehlern Rotscheidts anbetrifft, leisten besonders die Verzeichnisse Duisburger Universitätsschriften(9) sowie deren in der Universitätsbibliothek Duisburg überwiegend vorhandene Texte gute Dienste, durch die weit über die Hälfte der Duisburger Studenten als Disputanten, Gratulationspoeten oder Widmungsempfänger mit einer gedruckten Namensversion belegt sind.
Des weiteren hat Herr Wijnhoven die Studenten pro Studienjahr (von Oktober zu Oktober) durchgezählt und auf verwandtschaftliche Verhältnisse, vor allem Vater, Sohn, Großvater innerhalb der Matrikel verwiesen, dies aber nur, wenn es durch biographische Quellen ausreichend abgesichert war.
Angesichts des territorialen Charakters der frühneuzeitlichen Universitäten besuchten oft Generationen einzelner Familien die entsprechende Landeshochschule. Bisherige Matrikeleditionen berücksichtigten verwandtschaftliche Beziehungen von Studenten nur in Ausnahmefällen. Es liegt hier also ein völlig neuer Ansatz vor.

Die biographische Dokumentation in Form einer Datenbank legt zunächst den Schwerpunkt auf die Duisburger Daten der Studenten, auf ihre Namen und existierende Namensvarianten, die Herkunft mit entsprechenden Auflösungsproblemen bei lateinischen Namen (Bipontinum, Argentoratum usw.) oder fraglichen Zuordnungen etwa bei kleinen oder weit entfernten Orten, das Studienfach, das längst nicht immer genannt, oft aber aus Dissertationen und Gelegenheitsgedichten zu erschließen ist und somit völlig neue Erkenntnisse über die Zusammensetzung der Duisburger Studentenschaft ermöglicht, das Immatrikulationsdatum, eventuell der Eintrag ins Kandidatenalbum der Juristen und Mediziner, Disputations- und Promotionsdatum.
Die Datenbank enthält auch den Nachweis von Duisburger Dissertationen, Reden und den dort "versteckten" Casualcarmina. In die gedruckte Matrikeledition sollen diese Schriften aus Platzmangel und wegen existierender Bibliographien und Kataloge nicht aufgenommen werden, wohl aber in die elektronische Version.
Besonders großen Wert haben wir auf eine möglichst detaillierte Ermittlung der Hochschulbesuches (Universitäten und Akademische Gymnasien), auf die "Peregrinatio academica" gelegt, um darzulegen, welche Studenten wann woher nach Duisburg kamen, wie lange sie dort blieben, wohin sie wechselten. Frau Weibel hat deshalb die Sisyphos-Arbeit auf sich genommen, bisher etwa 2/3 Drittel der Duisburger Studenten in deutschen und ausländischen Matrikeln zu suchen und dabei erstaunliche Ergebnisse zu Tage gefördert. Natürlich besuchten im konfessionellen Zeitalter vor allem Studenten aus reformierten Territorien wie den Niederlanden und der Schweiz die reformierte Hochschule in Duisburg und der Austausch mit reformierten Universitäten wie Marburg, Heidelberg (17. Jahrhundert), Frankfurt/Oder, den holländischen Hochschulen sowie den Akademischen Gymnasien in Bremen, Hamm und Steinfurt gestaltete sich sehr intensiv. In Duisburg studierten immer auch zahlreiche Katholiken etwa aus dem Erzbistum Köln oder dem Fürstbistum Münster, so wie auch Protestanten aus dem Herzogtum Kleve die katholische Universität Köln besuchten. Wenig wechselten die Duisburger Studenten von bzw. nach Leipzig, Rostock, Greifswald, Kiel Helmstedt und Königsberg, die weiter entfernten lutherischen Universitäten. Frau Weibels Ermittlungen zeigen auch, dass zahlreiche Studenten nur sehr kurz in Duisburg blieben, manchmal nur ein paar Monate, im Extremfall nur ein paar Tage und dass einige Studenten ihr Studium in Duisburg aufnahmen, dann woanders studierten, um dann etwa zur Promotion nach Duisburg zurückzukehren, ohne sich allerdings neu einzuschreiben. Ihre "akademische Wanderung" führte zahlreiche Studenten bis nach Italien, wo etwa die Duisburger Hermann Slath und Arnold Wintgens 1665 in Padua der Doktorgrad in Philosophie und Medizin erwarben, oder nach Frankreich, so etwa die Juristen, die im 17. Jahrhundert in Orléans promovierten, darunter die Duisburger Juraprofessoren Gerhard Feltmann und Johann Weyerstraß. Umgekehrt fanden selbst Studenten aus Schottland oder aus Siebenbürgen den Weg an den Rhein, ja sogar mit Peter Hartzing 1655 ein "Japonensis" , oder die in Duisburg 1794 im Fach Jura promovierten Gebrüder Schilling, die aus Amboina/Molukken stammten. Erwähnung verdienen auch 24 jüdische Studenten, von denen 10 den medizinischen Doktorgrad in Duisburg erwarben(10).
Es sei an dieser Stelle angefügt, dass nicht nur Studenten aus dem holländischen Kolonialreich den Weg nach Duisburg fanden, sondern auch etliche Absolventen der Duisburger Universität später in Surinam, Batavia oder am Kap der Guten Hoffnung tätig wurden.
Mit der präzisen Dokumentation der Immatrikulationsdaten gelangen wir zu einer annähernd vollständigen Kenntnis des Bildungsgangs Duisburger Studenten, insgesamt, wie angeklungen, ein Desiderat der universitätsgeschichtlichen Forschung.
Diese möchte unbedingt auch mehr wissen über den späteren Lebensweg der Studenten und zwar nicht nur der bekannteren wie in Duisburg etwa des Dichters und Politikers August Kotzebue (1779 in Duisburg) oder des 1766 promovierten Arztes und Dichters Carl Arnold Kortum. Wegen des beträchtlichen Ermittlungsaufwands klaffen noch große Kenntnislücken, gerade auch für Duisburg. Andererseits gibt es heute viele biographische Nachschlagewerke, die von großem Nutzen sind. Besonders flächendeckend kann man in den vom Münchener Saur-Verlag herausgegebenen biographischen Archiven auf Mikrofiches suchen, besonders im deutschen und im Benelux-Archiv(11). Einträge aus einschlägigen Lexika sind hier in ein Alphabet gebracht und im Volltext abgedruckt worden. Wenn man Duisburger Studenten sucht, hängt der Sucherfolg entscheidend davon ab, ob es für die Region, aus der der Student stammt, ein gutes historischen Gelehrtenlexikon gibt. Etwa für Bremen und Hamburg ist dies der Fall, so dass Bremer und Hamburger Studenten sehr gut dokumentiert sind. Für das Herzogtum Kleve hat es eine ähnliche Literärgeschichte leider nicht gegeben, wenn man von kleineren Vorarbeiten des Duisburger Professors Johann Hildebrand Withof in den "Duisburger Intelligentz-Zetteln" absieht(12).
Vorzügliche Dienste leisten die Pfarrerbücher von Albert Rosenkranz für das Rheinland, Friedrich Bauks für Westfalen und Fr. Lieburg(13) für die Niederlande, wurden doch die meisten Duisburger Theologiestudenten später Pfarrer in diesen Territorien.
Absolventen der beiden anderen oberen Fakultäten, der juristischen und der medizinischen, von denen viele an der typischen Promotionsuniversität Duisburg promovierten(14), finden wir ab und an in fachlichen biographischen Lexika wie dem leider fragmentarischen "Biographischen Repertorium der Juristen im Alten Reich"(15) oder im "Biographischen Lexikon hervorragender Ärzte"(16).
Unter den genealogischen Quellen verdient das "Deutsche Geschlechterbuch"(17) neben diversen Adelslexika besondere Erwähnung.
Man kann die Suche natürlich beliebig fortsetzen, bis auf die Ebene von fach-, regional-, oder ortsgeschichtlichen Spezialpublikationen, was bei 6000 Personen allerdings Gefahr läuft, uferlos und damit zufällig zu werden. Wir haben deshalb nach dem Motto gehandelt: Was uns im Rahmen der Suchen bekannt wurde, haben wir festgehalten, mehr aber nicht. Mit Ausnahme des Stadtarchivs Duisburg wollen wir auch keine Archivrecherchen durchführen.
Manchmal dienen die Duisburger Universitätsschriften als biographische Quellen, wenn etwa auf dem Titelblatt einer Inauguraldissertation eine berufliche Funktion wie "Arzt in Wesel", in einem Glückwünschgedicht frühere Studienorte genannt sind oder die Dissertationen vorangestellten Widmungen Kurzbiographien von Honoratioren enthalten, die früher in Duisburg studierten.
Auf diese Weise erlangt man zu etwa 3/4 der Personen zumindest eine biographische Information. Wie angeklungen, ist es äußerst interessant, wohin es Duisburger Studenten verschlug, etwa in alle Teile des niederländischen Kolonialreiches, nach Surinam, Batavia, ans Kap der Guten Hoffnung. Nicht geringen zusätzlichen biographischen Ermittlungsaufwand verursachen die im Matrikeltext genannte Schulrektoren oder - nach 1770 - die Väter und Mütter. Hier gab und gibt es etliche ungelöste und manchmal auch mit vertretbarem Aufwand kaum lösbare Fälle.
Es ist zwar nicht unsere Absicht, mit der Matrikeledition zugleich ein biographisches Lexikon der Duisburger Studenten zu liefern. Die ausgewiesenen Eckdaten dürften aber eine beträchtliche Hilfe bei der eventuellen Erstellung regionaler oder fachlicher biographischer Lexika sein. In diesem Zusammenhang könnte man etwa an ein Gelehrtenlexikon des Herzogtums Kleve für die frühe Neuzeit mit einem Titel wie "Clivia erudita bzw. literata" denken.
Zu jeder soliden Matrikeledition gehören zuverlässige Register, und zwar ein alphabetisches Personenregister mit möglichst zahlreichen Verweisungen von Namensvarianten auf die gebräuchlichste Namensform sowie ein Register der Heimatorte bzw. -regionen, was zwar bei kleinen, weit entfernten Orten nicht immer leicht, mit Hilfe guter Ortsverzeichnisse oder Register zu Atlanten aber durchaus machbar ist. Bei der Auflösung lateinischer Ortsnamen hilft Graesses "Orbis Latinus"(18).
Zu überlegen wäre weiterhin, ob vielleicht die Kandidatenalben der juristischen und medizinischen Fakultät in einem Supplement zusätzlich zu edieren wären. Deren wichtigste Daten sind auf jeden Fall bereits in die biographische Dokumentation eingeflossen.
Für die nähere Zukunft stellen sich folgende Aufgaben: die Fortsetzung der Ermittlungsarbeit, die Zusammenstellung des kritischen Apparates und vor allem die formale Gestaltung der einzelnen Einträge. Die Edition soll bis 2005, dem 350jährigen Gründungsjubiläum der alten Universität Duisburg, vorliegen. Der Verlag Frommann und Holzboog in Stuttgart hat bereits 1998 Interesse bekundet, das Werk in seine Reihe "Forschungen und Materialien zur Universitätsgeschichte" und zwar in die Abteilung I: "Quellen zur Universitätsgeschichte" aufzunehmen, in der bisher die Königsberger Vorlesungsverzeichnisse der Kant-Zeit erschienen sind(19). Neben der gedruckten Version, die nur den Kenntnisstand des Redaktionsschlusses wiedergeben kann, soll die elektronische Version im Internet weiter gepflegt werden. Diese enthält zusätzlich Daten, die in der gedruckten Version fehlen, weil sie diese überfrachten würden. Gemeint sind dabei Personalbibliographien der Studenten, biographisch-genealogische Details oder in Einzelfällen sogar Porträts.
Wir hoffen, damit der frühneuzeitlichen Wissenschafts-, Universitäts-, Bildungs- und natürlich auch Regionalgeschichte ein zuverlässiges, faktenreiches Hilfsmittel an die Hand zu geben. Für Auskünfte stehen wir schon jetzt gerne zur Verfügung.

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