Analyse konstruktiver Problemlöseprozesse von Schülerinnen und Schülern der Sekundarstufe I mithilfe mobiler Eye-Tracking-Systeme

Die vorliegende Arbeit untersucht konstruktive Problemlöseprozesse aus der Perspektive der problemlösenden Person, wobei diese Prozesse die Möglichkeit zum gegenständlichen Handeln bieten. Ziel ist es, eine detaillierte Beschreibung solcher Prozesse zu erarbeiten und die Zusammenhänge zwischen prozess-, personen- und ergebnisbezogenen Daten zu analysieren, um darauf aufbauend erste Hypothesen zu konstruktiven Problemlöseprozessen abzuleiten.

Aufgrund der explorativen Zielsetzung wurde ein qualitatives Forschungsdesign gewählt, das induktive Schlussfolgerungen ermöglicht und auf den Prinzipien der Theorie-, Methoden- und Datentriangulation basiert. Zur Datenerhebung wurde eine Methodik entwickelt, die prozessbezogene Daten mithilfe eines mobilen Eye-Tracking-Systems erfasst und durch synchrone auditive Daten ergänzt. Zudem wurden personenbezogene Daten mit standardisierten Verfahren sowie ergebnisbezogene Daten aus dem Problemlösungsprozess erhoben. 

Die anschließende Prozessdatenanalyse folgte einem mehrstufigen Ansatz: Zunächst werden die Eye-Tracking-Daten im Rahmen einer Zwei-Dimensionen-Analyse den Kategorien der ACT-R-Theorie zugeordnet, woraufhin die Konstruktionsphasen des Lösungsprozesses identifiziert wurden. Anschließend erfolgte eine komparative Analyse der Problemlöseprozesse hinsichtlich der angewandten Lösungsstrategien sowie zentraler Eye-Tracking-Parameter, darunter die Fixationshäufigkeit in verschiedenen AOI, die Übergangshäufigkeit zwischen AO, die relative Wichtigkeit einzelner AOI sowie der  Anteil von Such- und Verarbeitungsfixationen in verschiedenen AOI. Ziel dieser Analyse ist es, Verhaltensmuster in den Problemlöseprozessen zu identifizieren und deren Zusammenhänge mit den verschiedenen Datenklassen zu untersuchen.

Auf Basis der entwickelten Methodik wurde eine explorative Studie an sechs Schulen durchgeführt. Dabei wurden insgesamt 27 auswertbare Problemlöseprozesse sowie ergänzende personen- und ergebnisbezogene Daten erhoben und analysiert. Für die Analyse der Zusammenhänge zwischen den verschiedenen Datenklassen konnten 20 Problemlöseprozesse berücksichtigt werden.

Die Ergebnisse der Untersuchung zeigen, dass sich drei zentrale Lösungsstrategien herauskristallisierten: eine theoretisch-orientierte Strategie, eine Mischstrategie und eine praktisch-orientierte Strategie. Zudem konnten mithilfe von Clusteranalysen bis zu acht verschiedene Verhaltensmuster in den unterschiedlichen Eye-Tracking-Parametern identifiziert werden. Die Analyse der Zusammenhänge zwischen diesen Verhaltensmustern und den weiteren Datenklassen ergab, dass sich erfolgreiche und weniger erfolgreiche Problemlöseprozesse deutlich unterscheiden, insbesondere in der Konstruktionsphase Planen. Darüber hinaus konnten charakteristische Unterschiede bei Teilnehmenden mit hohem Vorwissen festgestellt werden. Aufgrund der Stichprobengröße von 20 Prozessen ließen sich jedoch keine eindeutigen geschlechts- oder vorbildungsspezifischen Unterschiede in der Wahl der Verhaltensmuster über die meisten Parameter hinweg identifizieren.

Auf Grundlage der Untersuchungsergebnisse wurden insgesamt elf Hypothesen zur Konstruktionsphase  Planen, 20 Hypothesen zu den kombinierten Phasen sowie drei Hypothesen zu den Zusammenhängen zwischen Lösungserfolg und personenbezogenen Daten formuliert. Abschließend wurden auf Basis der generierten Hypothesen didaktische Implikationen für das Konstruieren im Technikunterricht abgeleitet.

The present work investigates design related problem solving processes from the perspective of the problem solver, where these processes offer the possibility of tangible action. The aim is to develop a detailed description of such processes and to analyse the relationships between process-related, person-related and outcome-related data in order to derive initial hypotheses about design problem-solving processes.

Due to the exploratory nature of the objective, a qualitative research design was chosen that allows for inductive inference and is based on the principles of theory, method and data triangulation. A methodology was developed to collect process-related data using a mobile eye-tracking system and synchronous audio data. In addition, person-related data were collected using standardised procedures, as well as outcome-related data from the problem-solving process. 

The subsequent analysis of the process data followed a multi-stage approach: First, the eye-tracking data were assigned to the categories of  ACT-R theory in a two-dimensional analysis, whereupon the construction phases of the problem-solving process were identified. This was followed by a comparative analysis of the problem solving processes in terms of the chosen solution strategies and key eye-tracking parameters, including the frequency of fixations on different AOI, the frequency of transitions between AOI, the relative importance of individual AOI, and the proportion of search and processing fixations. The aim of this analysis was to identify patterns of behaviour in problem solving processes and to investigate their relationships with different classes of data. 

Based on the developed methodology, an exploratory study was conducted in six schools, collecting and analysing a total of 27 evaluable problem-solving processes, as well as additional person-related and outcome-related data. 20 problem-solving processes were included in the analysis of the relationships between the different classes of data. 

The results of the study show that three central problem-solving strategies emerged: a theory-oriented strategy, a mixed strategy, and a practice-oriented strategy. In addition, cluster analyses identified up to eight different behavioural patterns in the different eye-tracking parameters. Analysis of the relationships between these patterns and the other data classes revealed that successful and less successful problem solving processes differed significantly, especially in the planning design phase. Furthermore, characteristic differences were found for participants with a high level of prior knowledge. However, due to the sample size of 20 processes, no clear gender or educational differences in the choice of behaviour patterns could be identified for most parameters.

On the basis of the research results, a total of eleven hypotheses were formulated for the planning phase of the design process, 20 hypotheses for the combined phases, and three hypotheses for the relationships between person-related and outcome-related data. Finally, on the basis of the hypotheses generated, didactic implications for design in technology education are derived.

 

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