Hormonelle Veränderungen und Neuroprotektion mittels Erythropoetin nach Sauerstoff-induzierter Hirnschädigung im neonatalen Rattenmodell
Frühgeborenen sind aufgrund ihres unreifen Entwicklungsstadiums nach der Geburt einer unphysiologischen Hyperoxie – höherer extrauteriner Sauerstoffpartialdruck und häufige essenzielle Sauerstofftherapie – ausgesetzt. Die Hyperoxie ist nachweislich ein Faktor in der Pathogenese von neonatalen Hirnschädigungen, wobei es aktuell keine medikamentöse, neuroprotektive Therapie gibt. Erythropoetin (EPO) präsentierte sich in vorherigen tierexperimentellen Arbeiten als neuroprotektiv im Modell der Sauerstoff-induzierten Hirnschädigung. Neu ist in diesem Versuchsaufbau das repetitive, intraperitoneale EPO-Applikationsschema. Hierfür erhielten neonatale Ratten nach einer 48-stündigen Hyperoxie (80 % O2) eine EPO-Applikation an den postnatalen Tagen 3 bis 6 (P3 - 6). Die Ratten wurden am subakuten Zeitpunkt (P11) mittels immunhistochemischer und proteinbiochemischer Verfahren auf neuroprotektive Effekte in der weißen Substanz analysiert. Die Evaluation der neurokognitiven Leistung erfolgte durch Verhaltenstests mit adoleszenten und adulten Ratten. Die Hyperoxie führte zu einer Hypomyelinisierung an P11, die sich durch die repetitive EPO-Behandlung signifikant verbesserte. Das Hyperoxie-induzierte kognitive Defizit reduzierte sich ebenfalls in der EPO-Versuchsgruppe. Zusammenfassend deuten die Ergebnisse auf ein therapeutisches Potential von EPO für neonatale Neuroprotektion hin, welches in weiteren klinischen Studien untersucht werden muss.
Die Hormone des Hypothalamus-Hypophysen-Systems (HPA) sind an der Entwicklung des unreifen Gehirns beteiligt. Frühgeborene präsentieren sich häufig mit endokrinen Veränderungen. Ein weiteres Ziel dieser Arbeit war, die Auswirkungen einer Hyperoxie auf HPA im Modell der Sauerstoff-induzierten Hirnschädigung mit Fokus auf der kortikotropen, thyreotropen und somatotropen Achse zu untersuchen. Nach der Hyperoxie (80 % O2, P3 - P5) wurden die Transkriptionsspiegel vom Wachstumshormon (GH), Thyroidea-stimulierenden Hormon (TSH) und Proopiomelanokortin (POMC, Vorläuferprotein des Adrenokortikotropen Hormon (ACTH)) mittels Digoxigenin-in situ Hybridisierung am akuten (P5) und subakuten (P11) Zeitpunkt untersucht. Im Serum erfolgte die Quantifizierung von TSH, Thyroxin, GH und ACTH mittels Multiplex Immunoassay und Enzyme-linked Immunosorbent Assay. Die Hyperoxie verringerte am P5 GH auf Transkriptionsebene und im Serum. TSH war am P5 nach Hyperoxie im Serum erhöht. An P11 und in der kortikotropen Achse waren keine hormonellen Unterschiede feststellbar. Nach der Hyperoxie zeigten sich transiente hormonelle Veränderungen in den neonatalen Ratten, die weitere Forschung in Bezug auf die Pathogenese von Hyperoxie-induzierten Hirnschädigungen der Frühgeborenen benötigen.