Die Rolle neutrophiler Granulozyten im Mausmodell der neonatalen hypoxisch-ischämischen Hirnschädigung
Die neonatale Hirnschädigung infolge einer Hypoxie-Ischämie (HI) ist eine der Hauptursachen für Tod und Morbidität bei Neugeborenen. Die bislang einzige Therapieform ist eine Hypothermie, die jedoch aufgrund ihres kurzen therapeutischen Zeitfensters limitiert ist. Die Identifizierung neuer therapeutischer Ansätze setzt ein besseres Verständnis der HI-Pathophysiologie voraus. Zentrales Merkmal der HI-induzierten Hirnschädigung ist die Infiltration neutrophiler Granulozyten, deren Funktion in der neonatalen HI bislang nur unzureichend untersucht ist. Ziel dieser Studie war die Charakterisierung der Infiltration und des Phänotyps neutrophiler Granulozyten sowie die Untersuchung ihrer funktionellen Rolle in der neonatalen hypoxisch-ischämischen Hirnschädigung.
In neun Tage alten C57BL/6 Mäusen wurde eine Hypoxie-Ischämie induziert. Die Infiltration und der Phänotyp der Neutrophilen wurden anhand des Neutrophilen-Markers Lymphocyte antigen 6 complex locus G6D (Ly6G) sowie des N1-Markers Cluster of differentiation 86 (CD86) und des N2-Markers CD206 mittels Durchflusszytometrie und Immunhistochemie 12, 24 und 72 Stunden sowie sieben Tage nach HI analysiert. Die Untersuchung der funktionellen Rolle der Neutrophilen erfolgte über die intraperitoneale Gabe eines depletierenden anti-Ly6G-Antikörpers. Die Depletionseffizienz wurde mittels Durchflusszytometrie überprüft. Die Analyse der Hirnschädigung erfolgte immunhistochemisch 48 Stunden nach HI in TdT-mediated dUTP-biotin nick end labeling /anti-Ly6G-kogefärbten Gewebsschnitten.Mit einem Peak an Tag eins und sieben nach HI wurde ein biphasischer Verlauf der Neutrophilen-Infiltration nachgewiesen, mit besonderer Ausprägung in Regionen mit starker Gewebeschädigung. Im Gehirn kam es zu einer akuten Erhöhung CD86 positiver Neutrophiler. Zirkulierende Neutrophile zeigten dagegen nahezu keine CD86- und CD206-Expression. Generell war die Häufigkeit CD86 positiver Neutrophiler im Gehirn höher als die der CD206 positiven Neutrophilen. Die Depletionseffizienz war 12 Stunden nach anti-Ly6G-Antikörper-Injektion maximal. Die Depletion Neutrophiler 12 Stunden nach HI bewirkte eine signifikante Reduktion der akuten HI-induzierten zellulären Neurodegeneration.
Die Ergebnisse der Arbeit zeigen, dass Neutrophile nach Infiltration in das durch HI- geschädigte Hirngewebe aktiviert werden. Die ausgeprägte Infiltration neutrophiler Granulozyten in stark geschädigte Regionen und die protektive Wirkung einer post- hypoxischen Neutrophilen-Depletion deuten auf eine schädigende Wirkung Neutrophiler in der akuten Phase der neonatalen hypoxisch-ischämischen Hirnschädigung hin. Unsere Untersuchungen legen nahe, dass eine Reduktion der Neutrophilen-Infiltration oder die Modulation des Neutrophilen-Phänotyps mögliche neue therapeutische Angriffspunkte im Vergleich zur bisher einzig verfügbaren Hypothermie-Behandlung darstellen könnten.