Geschlechterunterschiede bei der modalitätsspezifischen Furchtkonditionierung bei Gesunden

Chronische Schmerzstörungen, besonders aus dem gastrointestinalen Bereich, wie z.B. das Reizdarmsyndrom, sind in der westlichen Welt sehr weit verbreitet. Obwohl dadurch sehr hohe Kosten für das Gesundheitssystem und ein großer Leidensdruck für die Betroffenen entsteht, sind Entstehung und Aufrechterhaltung der Symptome noch weitestgehend unverstanden. Insbesondere besteht noch viel Klärungsbedarf bei Geschlechterunterschieden in der Verarbeitung verschiedener Schmerzmodalitäten. In der vorliegenden Studie wurden Männer und Frauen einer Furchtkonditionierung unterzogen und anschließend getrennt voneinander untersucht und miteinander verglichen. Als aversive Stimuli wurden eine rektale Distension und ein aversiver Ton verwendet. Ausgewertet wurden die Ergebnisse von Valenz- und Kontingenz-Ratings auf einer visuellen analogen Skala, einer Hautleitfähigkeitsmessung (als indirektes Maß für sympathische Aktivierung) sowie von Fragebögen (als psychologische Variable). Dabei konnten deutlich signifikante Unterschiede in der Bewertung der Hinweisreize für die verschiedenen Modalitäten sowie ein signifikanter Zeiteffekt festgestellt werden. Der Hinweisreiz für den viszerale Schmerzreiz wurde als deutlich unangenehmer bewertet als der Hinweisreiz für den aversiven Ton. Dieser Effekt nahm mit der Zeit zu. Ein Geschlechterunterschied konnte nicht gefunden werden. Die Ergebnisse stützen die Vermutung, dass viszeraler Schmerz einen äußerst salienten Stimulus darstellt, welcher zu stärker ausgeprägter konditionierter Furcht führt als andere aversive Stimuli. Aus dieser Erkenntnis ergeben sich wichtige Implikationen für zukünftige Therapieansätze in der Behandlung chronischer Schmerzstörungen. Obwohl in dieser Studie kein Geschlechterunterschied gefunden werden konnte, erscheint es unwahrscheinlich, dass es in der Realität keinen Unterschied in der Verarbeitung von Schmerz zwischen Männern und Frauen gibt. Weitere Untersuchungen zur genaueren Klärung dieses Aspekts sind von Nöten.

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