PT Unknown
AU Janßen, M
TI Frei rotierende Systeme in der Einschneckenextrusion
PD 05
PY 2023
DI 10.17185/duepublico/78281
LA de
DE Extrusion, Frei rotierende Mischelemente, High-Speed-S-Truder, CFD, Numerische Strömungssimulation
AB Die Einschneckenextrusion ist eines der wichtigsten Verarbeitungsverfahren in der Kunststoffindustrie. Die Forderungen von Maschinenbetreibern und -herstellern nach effizienten Anlagen zur Herstellung von hochwertigen Produkten sind entsprechend stark. Das Potenzial zur Leistungssteigerung konventioneller Maschinen ist nahezu ausgereizt, wohingegen das Potenzial von sogenannten frei rotierenden Systemen bisher kaum untersucht wurde. Bei frei rotierenden Systemen handelt es sich um eine nicht durch einen Motor aktiv angetriebene Komponente im System, deren Rotation sich aufgrund von Schleppströmungen einstellt. Solche Systeme können sowohl in der Plastifizierzone als auch in der Meteringszone eingesetzt werden. Während es für die Plastifizierzone bisher nur frei rotierende Konzepte gibt, die noch nicht in der Industrie etabliert sind, werden in der Meteringszone bereits frei rotierende Mischelemente eingesetzt. Diese Art von Mischelementen ist für ihre exzellente Mischwirkung bekannt. Der Twente-Mixing-Ring ist hier ein bekanntes Beispiel. Trotz vielversprechender Ergebnisse aus empirischen Versuchsreihen und Praxiserfahrungen sind frei rotierende Systeme in der Vergangenheit nicht konsequent untersucht und die Entwicklung sowie Auslegung innovativer Konstruktionen nicht vorangetrieben worden. Im Rahmen dieser Arbeit wurden verschiedene frei rotierende Systeme sowohl experimentell als auch CFD-gestützt untersucht, um das Verständnis über diese Systeme auszubauen und Einflussfaktoren auf das Betriebsverhalten zu identifizieren. Neben den Standardprozessparametern, die maschinenseitig komfortabel ausgelesen werden können, wurden auch die Hülsendrehzahl und die Extrudatqualität ermittelt. Als frei rotierende Systeme wurden einerseits ein alternatives Plastifizierkonzept, welches in der Dissertation von Karrenberg vorgestellt wurde, und andererseits verschiedene frei rotierende Mischelemente verwendet [Ka16]. Bei dem untersuchten alternativen Plastifizierkonzept handelte es sich um den sogenannten High-Speed-S-Truder, der mittels einer frei rotierenden Schneckenhülse eine Feststoff-Schmelze-Trennung realisiert, um die Effizienz des Aufschmelzprozesses zu erhöhen. Für dieses Konzept wurden sowohl die noch unbekannte thermische und stoffliche Extrudathomogenität bestimmt als auch verschiedene konstruktive Änderungen an der bisher verwendeten Referenz-Schneckenhülse vorgenommen. Durch die konstruktiven Modifikationen wurde sich eine weitere Leistungssteigerung versprochen. Die Einbringung axialer Nuten auf der Innenfläche der Schneckenhülse brachte hierbei den gewünschten Erfolg. Die Beurteilung der Extrudatqualität erfolgte mittels des Segregationsgrades und mittels Thermographieaufnahmen. Es konnte gezeigt werden, dass die Extrudatqualität mit steigenden Schneckendrehzahlen abnimmt, aber für einen großen Drehzahlbereich gute Ergebnisse aufweist. Die Untersuchung frei rotierender Mischelemente wurde insgesamt mit fünf verschiedenen Mischelementen durchgeführt. Ein kalottenförmiger Dynamic-Mixing-Ring (modifizierter Twente-Mixing-Ring) und vier wabenförmige Dynamic-Mixing-Rings wurden herangezogen, sodass Rückschlüsse über den Einfluss der Konstruktion auf das Betriebsverhalten gezogen werden konnten. Als Versuchsmaterialien wurden zwei PE-HD, ein PE-LD und ein PP betrachtet, um den Einfluss der Viskosität des Materials auf das Betriebsverhalten ermitteln zu können. Die Erfassung der Hülsendrehzahl wurde über die Auswertung von Drucksignalen vollzogen. Eine Methodik zur automatisierten Erfassung der Hülsendrehzahl mittels Fast-Fourier-Transformation wurde erprobt und der manuellen Auswertung gegenübergestellt. Auf Basis der Versuchsergebnisse wurde das Material als maßgeblicher Einflussfaktor auf die Höhe der Mischhülsendrehzahl identifiziert. Es wurden verschiedene Hypothesen diskutiert, welche Materialeigenschaften und welche Strömungsverhältnisse zur einer erhöhten bzw. reduzierten Mischhülsendrehzahl führen. Es konnte jedoch kein eindeutiger Zusammenhang zwischen Materialviskosität bzw. den viskoelastischen Materialeigenschaften und der Höhe der Hülsendrehzahl ermittelt werden. Ein Einfluss der Konstruktion auf das Betriebsverhalten konnte ebenfalls festgestellt werden. Insbesondere eine Erhöhung des freien Volumens reduziert den Druckbedarf bei gleichzeitig geringerer Hülsendrehzahl und gleichbleibender Extrudatqualität. Die Erfassung der stofflichen und thermischen Extrudatqualität ist für eines der verwendeten PE-HD und das verwendete PE-LD zuverlässig möglich. Für das zweite PE-HD und das PP erwies sich die Generierung und Aufbereitung der Ergebnisse zur Bewertung der Extrudatqualität aufgrund der herausfordernden Materialeigenschaften als schwierig und nicht für alle Betriebspunkte als zuverlässig. Im Rahmen einer CFD-gestützten Strömungsanalyse wurden die experimentellen den virtuellen Ergebnissen gegenübergestellt. Insbesondere der berechnete Einlassdruck lag niedriger als im Experiment. Die Ursache für diese Abweichung konnte u. a. auf die Position des Drucksensors im System zurückgeführt werden. Weiterhin wurde mittels CFD-Strömungsanalyse eine Methodik zur Prognose der Hülsendrehzahl vorgestellt und untersucht. Ein Vergleich zwischen experimentell gemessenen und prognostizierten Hülsendrehzahlen zeigte einen erheblichen Unterschied. Als Ursache für diesen Unterschied werden viskoelastische Materialeigenschaften vermutet, welche in der durchgeführten Strömungsanalyse nicht berücksichtigt wurden. Um die Auslegung von Mischelementen und insbesondere frei rotierender Mischelemente in Zukunft zu vereinfachen, wurde ein Algorithmus zur automatisierten Auslegung und Optimierung vorgestellt und anhand eines neuartigen, frei rotierenden Mischhülsenkonzeptes untersucht. Hierbei wurde das Strömungsfeld einer jeden Geometrievariante durch einen genetischen Optimierer mittels neun verschiedener Qualitätskriterien hinsichtlich seiner Eignung zur Realisierung der distributiven und dispersiven Mischwirkung beurteilt. Darüber hinaus wurde die verfahrenstechnische Leistungsfähigkeit (Performance) beurteilt, sodass mittels eines genetischen Algorithmus automatisiert eine optimierte Variante erzeugt wurde. Es wurde gezeigt, dass eine willkürlich gewählte Referenzgeometrie mit Hilfe des vorgestellten Algorithmus unter den vorgegebenen Randbedingungen optimiert werden konnte.
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