PT Unknown
AU Schweim, J
TI Vergleichende Untersuchung zwischen der nationalen Umsetzung der “EU Clinical Trials Directive” und dem Verbesserungspotenzial durch die „EU Clinical Trials Regulation“ – eine Analyse der europäischen und nationalen Gesetze sowie durchgeführter klinischer Prüfungen unter besonderer Berücksichtigung vulnerabler Patientengruppen
PD 05
PY 2021
DI 10.17185/duepublico/74249
LA de
DE klinische Prüfung, Arzneimittel, informierte Einwilligung, Einwilligungsfähigkeit, vulnerable Person, nichteinwilligungsfähige Person, gesetzlicher Vertreter
AB Abweichend vom grundsätzlichen Erfordernis der informierten Einwilligung einer Person für die Teilnahme an einer klinischen Prüfung mit Arzneimitteln, dürfen unter speziellen Voraussetzungen auch nichteinwilligungsfähige (sog. vulnerable) Personen Teilnehmer an klinischen Prüfungen sein. Zu diesen zählen insbesondere Minderjährige aufgrund ihres Alters sowie Erwachsene, die aufgrund ihres Gesundheitszustands – wegen einer Akutsituation – vorübergehend oder dauerhaft nicht einwilligungsfähig sind. Über einen langen Zeitraum existierten in der Europäischen Union (EU) insgesamt keine systematischen und einheitlichen Vorgaben für klinische Prüfungen. Dies sollte durch die 2001 erlassene „Clinical Trials Directive“ (CTD) geändert werden. Sie zielte auf die Harmonisierung aller in der EU geltenden gesetzlichen Vorschriften zu klinischen Prüfungen ab, ermöglichte durch Öffnungsklauseln sowie ungeregelt belassene Aspekte dennoch nationale Abweichungen bei der Implementierung in die Landesgesetze. Durch eine systematische Gesetzesanalyse in 16 EU-Staaten sowie eine sich über einen Beobachtungszeitraum von zehn Jahren erstreckende, retrospektive Datenbankauswertung eines europäischen klinischen Studienregisters (EU-CTR) wurden diese nationalen Abweichungen qualitativ und quantitativ untersucht. Anhand der Analyse zeigte sich zunächst ein überwiegend homogenes Bild, da alle einbezogenen Ländergesetze Regelungen für die Teilnahme von Minderjährigen und dauerhaft nichteinwilligungsfähigen Erwachsenen vorsehen. Die Unterschiede zwischen den EU-Staaten treten erst im Detail zum Vorschein. Bezüglich klinischer Prüfungen mit vorübergehend nichteinwilligungsfähigen Erwachsenen (Notfallpatienten) findet sich ein besonders heterogenes Ergebnis, insbesondere vor dem Hintergrund, dass die CTD diesen Aspekt völlig ungeregelt gelassen hat und sich nur in einigen EU-Staaten konkrete Vorschriften dazu finden. Durch die vergleichende Betrachtung häufig wiederkehrender Ausprägungen wurde eine Klassifizierung der EU-Staaten in solche mit „strenger“, „neutraler“ und „liberaler“ Gesetzgebung vorgenommen. Die Datenbankauswertung ergab ein eindeutigeres Ergebnis, da in einigen EU-Staaten (Deutschland, Vereinigtes Königreich, Spanien, Italien) am häufigsten klinische Prüfungen durchgeführt werden. In den unterschiedlichen vulnerablen Patientengruppen zeigten sich eher minimale Abweichungen. Einzelne Variablen der Erfassung klinischer Prüfungen wurden näher betrachtet und förderten dabei interessante Erkenntnisse zur Einstufung der Studienpopulationen zu Tage. Die im Detail unterschiedlichen Umsetzungen der CTD in den EU-Staaten lassen sich überwiegend anhand politischer und gesellschaftlich-kultureller Einflüsse erklären. Eine vermutete Korrelation zwischen dem „Liberalitätsgrad“ des nationalen Gesetzes und der Häufigkeit der in dem jeweiligen EU-Staat durchgeführten klinischen Prüfungen konnte nur zum Teil bestätigt werden. Die Auswahl der EU-Staaten als Durchführungsort für eine klinische Prüfung orientierte sich in der Vergangenheit weniger an den gesetzlichen Voraussetzungen, sondern eher an Erfahrungswerten und finanziellen Erwägungen. Die in Voruntersuchungen benannten Defizite der CTD und ihrer nationalen Umsetzung haben sich bestätigt. Abschließend wird ein Ausblick auf mögliche Verbesserungen der 2014 verabschiedeten und in Kraft getretenen „Clinical Trials Regulation“ (CTR) gegeben, welche voraussichtlich Ende 2021 wirksam werden wird.
ER