PT Unknown AU Schulze Struchtrup, A TI Ganzheitliche Formteil-Qualitätsprognose für das Spritzgießen thermoplastischer Kunststoffe auf der Basis maschineller Lernverfahren PD 01 PY 2021 DI 10.17185/duepublico/73723 LA de AB Kunststoffverarbeiter stehen wie alle produzierenden Unternehmen vor der Herausforderung, die gesetzten Ziele in den Bereichen Liefertreue, Kosten und Qualität zu erreichen, um nachhaltig erfolgreich zu wirtschaften. Die Erfüllung höchster Qualitätsanforderungen ist in diesem Zusammenhang von besonderer Bedeutung, da in Hochlohnländern die Möglichkeit zur wettbewerblichen Differenzierung über den Produktpreis meist nur in begrenztem Maße gegeben ist. Trotz ausgereifter Maschinentechnik und kontinuierlichen regelungstechnischen Weiterentwicklungen können sich Störeinflüsse, wie beispielsweise Schwankungen der Materialeigenschaften, negativ auf die Qualität spritzgegossener Formteile auswirken. Aus diesem Grund sind neben der Beherrschung komplexer Produktionsprozesse häufig hohe Aufwendungen für die Qualitätssicherung erforderlich. Eine Alternative hierzu bietet die Prognose der Formteilqualität auf Basis von Prozessdaten. Maschinelle Lernverfahren ermöglichen die Abbildung der meist komplexen Wirkzusammenhänge zwischen Prozessgrößen und Qualitätsmerkmalen in Form von Modellen. Diese erlauben eine Prognose der Qualitätsmerkmalsausprägungen für jedes produzierte Formteil. Die Erfassung und Aufzeichnung der erforderlichen Prozessdaten mittels maschineninterner Sensorik ist bei heutigen Spritzgießmaschinen Standard. Bisherige Ansätze im Bereich der modellbasierten Qualitätsprognose, die bis in die 1990er-Jahre zurückreichen, konnten sich aufgrund verschiedener Defizite bislang jedoch nicht im industriellen Umfeld durchsetzen. Einer der Hauptgründe liegt darin, dass die einzelnen Datenverarbeitungsschritte meist nur wenig automatisiert und daher mit hohem manuellem Aufwand verbunden sind. Eine erfolgreiche Anwendung ist dabei stark erfahrungsabhängig. Ebenfalls werden in der einschlägigen Literatur meist nur schmale Teilbereiche der Gesamtproblemstellung thematisiert, sodass Wissen bzgl. der Eignung der im Bereich des maschinellen Lernens verfügbaren Verfahren nicht hinreichend vorhanden ist. Die vorliegende Arbeit befasst sich vor diesem Hintergrund mit der ganzheitlichen Untersuchung der für die Qualitätsprognose erforderlichen Datenverarbeitungsschritte. Ziel ist es, in den jeweiligen Teilbereichen des maschinellen Lernens die im Kontext des Thermoplast-Spritzgießens leistungsfähigsten Methoden zu identifizieren und im Rahmen eines durchgängigen Gesamtsystems zu kombinieren. Die Grundlage für die Analysen bildet die Erhebung umfangreicher Datensätze bestehend aus Prozess- und Qualitätsdaten, die verschiedene, industrieübliche Prozesszustände nachbilden. Hiermit kann zum einen die Eignung der Prozesszustände als Datenquelle für die Modellbildung bewertet werden. Zum anderen dienen die Datensätze als Grundlage für die weitere Untersuchung der einzelnen Methoden und Verfahren des maschinellen Lernens. Diese umfassen zunächst die Extraktion, Konstruktion und Selektion geeigneter Prozessmerkmale, welche als Eingangsgrößen für die Qualitätsprognose Verwendung finden. Für die eigentliche Modellbildung werden anschließend sieben überwachte Lernverfahren unterschiedlicher Funktionsweise und Komplexität verwendet. Um die Leistungsfähigkeit der Verfahren auszuschöpfen, werden die jeweiligen Hyperparameter, welche Modellstruktur und Lernprozess steuern, automatisiert via Bayes-Optimierung angepasst. Die Analyse der ausgewählten Hyperparameter liefert zum einen Erkenntnisse über die optimale Modellkomplexität und somit über die zugrundeliegende Prozesskomplexität. Zum anderen kann auf diese Weise abgeleitet werden, welche Hyperparameter in die Optimierung einbezogen werden sollten und welche Wertebereiche erfolgversprechend sind. Um zu untersuchen, ob die Prognosegüte durch Kombination der verschiedenen Lernverfahren weiter gesteigert werden kann, wird ein eigens entwickelter Ensemble-Ansatz auf Basis der gewichteten Echtzeit-Kombination lokal-optimaler Modelle vorgestellt und evaluiert. Da sich die qualitätsbestimmenden Prozesszusammenhänge, beispielsweise bedingt durch Verschleiß von Maschinenkomponenten, im Laufe der Zeit verändern können, werden implizite und explizite Methoden zur Detektion eines solchen Concept Drift untersucht sowie Möglichkeiten zur Lernverfahrens-spezifischen Modelladaption vorgestellt. Die Leistungsfähigkeit des – auf Basis der Erkenntnisse aus der systematischen Untersuchung der Teilaspekte – entwickelten Gesamtsystems wird im Rahmen einer Validierung unter Verwendung von Industriedaten nachgewiesen. ER