Neuartiger Ansatz zur Untersuchung des tribologischen Systems Ventilspindel/Sitzring für Großgasmotoren

Die technische Entwicklung von Großgasmotoren in den Bereichen Marine, Lokomotive und insbesondere Kraftwerk hat zu mechanischen Wirkungsgraden von über 50 % geführt, wodurch das tribologische System Ventilspindel/Sitzring an den Grenzen seiner Funktionsfähigkeit eingesetzt wird. Problemverschärfend wirkt eine zunehmend strengere Abgasgesetzgebung. Hocheffiziente Großgasmotoren werden im Systemverbund mit neuen Technologiekonzepten als potenzieller Ansatz für einen emissions- und kostenreduzierten Betrieb gesehen. Die steigenden Zünddrücke, höheren Temperaturen und reduzierten Verbrennungsrückstände bewirken aufgrund neuartiger Betriebsbedingungen einen hohen Ventilverschleiß mit vorzeitigem Funktionsausfall. Das tribologische Verhalten der Paarung Ventilspindel/Sitzring ist nach Quellenlage aus den Bereichen Automotive und Heavy-Duty bekannt. Als wichtigste Einflussfaktoren auf den Ventilverschleiß wurden die beiden Phasen Ventilschließen und Verbrennungsdruck bestimmt. Hingegen sind für den Bereich Großgasmotor, außer vom Autor selbst, bislang keine wissenschaftlichen Arbeiten dokumentiert. Darüber hinaus fehlt eine Zuordnung der eigenschaftsbestimmenden Verschleißmechanismen sowie der Verschleißanteile am Gesamtventilverschleiß für die beiden Phasen Ventilschließen und Verbrennungsdruck. Die vorliegende Dissertation betrachtet die Entwicklung, Konstruktion und den Aufbau eines neuartigen Ventilverschleißprüfstands zur getrennten experimentellen Simulation der Phasen Ventilschließen und Verbrennungsdruck für Großgasmotoren. Zu diesem Zweck wurden im ersten Schritt Ventilspindeln mit unterschiedlicher Laufzeit aus demselben Typ Großgasmotor mikrostrukturell und chemisch untersucht. Die Untersuchung der tribologisch beanspruchten Randschichten diente zur Analyse der Verschleißmechanismen und der Validierung des Prüfstands in Bezug auf die eigenschaftsbestimmenden Verschleißmechanismen. So konnten aus den ersten Versuchsreihen zum Einfluss von Ventilschließen und Verbrennungsdruck bei 380 °C an Luft gleich neue Erkenntnisse gewonnen werden. Die Versuche bestätigen den signifikanten Einfluss von Schließgeschwindigkeit und Verbrennungsdruck auf den Ventilverschleiß. Als neue Erkenntnisse konnten eine größere Zunahme des Sitzringverschleißes im Vergleich zur Ventilspindel unter Ventilschießen und eine Abnahme des Ventilspindelverschleißes um ca. 30 % trotz einer Steigerung des Verbrennungsdrucks von 140 auf 180 bar gewonnen werden. Dieser Verschleißrückgang mit steigender Last bedeutet, dass die mechanisch-dominierten Verschleißmechanismen unter Ventilschließen durch chemisch-dominierte unter Verbrennungsdruck überlagert werden. Ferner konnten die beiden Verschleißmechanismen Adhäsion mit Werkstoffübergang und Oberflächenzerrüttung mit dem Untermechanismus Delamination beiden Belastungsphasen zugeordnet werden. Die Verschleißraten beider Phasen waren ähnlich groß. Als vierte, wichtige und neue Erkenntnis folgt, dass das Ventilschließen zur Bewertung des Systemverhaltens wichtiger ist als der Verbrennungsdruck. Diese neuen Erkenntnisse, die beispielhaft mit den Werkstoffen Stellite™ 12 bei der Ventilspindel und Pleuco 12 MW beim Sitzring untersucht wurden, können jetzt als belastbare Ansatzpunkte für weitere Parameterstudien und Werkstoffentwicklungen genutzt werden.
The technical development of large bore gas engines for marine, locomotive and power plant in particular leads to mechanical efficiencies of more than 50 %, whereas the tribological system valve spindle/seat ring is applied at its functional limits. Stringent emission regulations has an additional effect. Highly efficient large bore gas engines combined with new technology concepts are a promising approach in order to reach lower emissions and operating costs. Because of novel operating conditions caused by increasing peak firing pressures, higher temperatures and reduced combustion residues valve wear effects premature failure. Based on findings from literature the tribological behavior of the pair valve spindle/seat ring is known from automotive and heavy-duty applications. Valve closure and peak firing pressures have been identified as main factors influencing valve wear. However, so far scientific investigations regarding valve wear in large bore gas engines have not been published, apart from the author’s papers. Furthermore, an allocation of determining wear mechanisms and a partition of wear on the entire valve wear concerning valve closure and peak firing pressure are missing. This dissertation deals with the development, design and construction of a novel valve wear test rig for separate simulating of valve closure and peak firing pressure. For this purpose, the microstructure and chemistry of valve spindles with different operating hours from engine tests of the same type of engine were analyzed. Objectives of the investigations were to identify the wear mechanisms and to validate the test rig regarding the determining wear mechanisms. From the first test series on the impact of valve closure and peak firing pressure at 380 °C on air new findings could be gained. Tests verify the main influence of valve closure and peak firing pressure on valve wear. As new findings an increase of seat ring wear compared to valve spindle for valve closure and a decrease of valve spindle wear from 140 to 180 bar of about 30 % could be found. This decrease by increasing load means that mechanically-dominated wear mechanisms for valve closure are superimposed by chemically-dominated ones. Furthermore, both wear mechanisms adhesion by material transfer and surface fatigue by delamination can be allocated to both phases valve closure and peak firing pressure, while the wear rates of both phases are equal. The fourth new and important outcome is, that valve closure is more important than peak firing pressure in order to evaluate the tribological behavior of valve spindle/seat ring. This new findings, exemplary examined for materials Stellite™ 12 for valve spindle and Pleuco 12 MW for seat ring, will now provide a better understanding and sustainable propositions for further parameter studies and material development.

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