Experimentelle Endotoxämie beim Menschen : Geschlechterunterschiede in der inflammatorischen und neuro-endokrinen Reaktion

In der vorliegenden Arbeit wurden Geschlechterunterschiede in der inflammatorischen und neuroendokrinen Reaktion auf eine experimentelle Endotoxämie beim Menschen untersucht. Hierzu wurde eine akute systemische Immunreaktion mithilfe von niedrig dosiertem Endotoxin (Lipopolysacharid (LPS), 0,4 ng/ kg Körpergewicht) in gesunden Männern und Frauen induziert. Es konnte gezeigt werden, dass der weibliche Organismus in vivo während einer akuten systemischen Entzündungsreaktion mit einer stärker ausgeprägten Freisetzung der pro-inflammatorischen Zytokine Tumornekrosefaktor-α (TNF-α) und Interleukin-6 (IL-6) reagiert. Als Folge auf die intravenöse Injektion von LPS kam es zu einer Zunahme der Zustandsangst, zu einer negativen Verschiebung der Stimmungsparameter sowie zu einer Zunahme der Symptome des Sickness Behaviors, jedoch ohne signifikante Geschlechterunterschiede. Nichtsdestotrotz konnten signifikante Unterschiede in der neuroendokrinen Reaktion nachgewiesen werden. So reagierten die weiblichen Probanden mit einer höheren Sezernierung von Cortisol und Prolaktin als die männlichen. Der Noradrenalin und der Dehydroepiandrosteron (DHEA) Spiegel veränderte sich hingegen in beiden Geschlechtern ohne signifikante Unterschiede. Die Hypothese, dass die erhöhte pro-inflammatorische Immunantwort zeitgleich mit einem stärker ausgeprägten Sickness Behavior einhergeht, konnte nicht bestätigt werden. Auch die nachgewiesenen geschlechterspezifischen Unterschiede in der neuroendokrinen Immunantwort lieferten keine eindeutige Erklärung für die unterschiedlich verlaufende inflammatorische Immunantwort oder die fehlenden Unterschiede in der neuropsychologischen Reaktion. Ferner zeigte die ex vivo Untersuchung der Immunzellen auf geschlechtsspezifische Unterschiede in der Sensitivität gegenüber glukokortikoiden und adrenergen Rezeptor-Agonisten keine signifikanten Unterschiede. Zusammenfassend stellen die Befunde dieser Arbeit dar, dass es gravierende Geschlechterunterschiede in der akuten inflammatorischen und neuroendokrinen Immunantwort gibt. Diese spiegeln sich jedoch nicht in den neuropsychologischen Reaktionen wieder. Die Daten deuten darauf hin, dass der weibliche Organismus über kompensatorische Mechanismen verfügt, die der stärkeren inflammatorischen Immunantwort entgegenwirken und so Unterschiede in den neuropsychologischen Reaktionen unterbinden.

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