Heparansulfate als Regulatoren der Knorpelhomöostase

Arthrose (osteoarthritis, OA) ist eine der häufigsten degenerative Erkrankung des
Skelettsystems des Menschen. Sie bezeichnet einen über das durch normale
Alterungsprozesse hervorgerufene Maß hinausgehenden Gelenkverschleiß. Auf
molekularer Ebene wird OA durch eine gestörte Balance zwischen Auf- und Abbau der Knorpel-Matrix charakterisiert. Durch die Degradation des Knorpels kann die Erkrankung zu einem Verlust der Gelenkfunktion und chronischen Schmerzen führen. Neuere Forschungsergebnisse haben gezeigt, dass Heparansulfat Proteoglykane (HSPGs) an der Regulation von OA beteiligt sind. HSPGs bestehen aus einem core-Protein, das eine oder mehrere lineare Zuckerketten trägt. Die Zucker können durch verschiedene Sulfotransferasen und eine Epimerase modifiziert werden. Die gewebespezifische Expression dieser Enzyme beeinflusst sowohl Level als auch Muster der Sulfatierung. Dadurch wird die Affinität der Heparansulfat (HS)-Ketten zu zahlreichen extrazellulären Proteinen reguliert.
In dieser Arbeit wurde die Funktion verminderter HS-Level und Sulfatierung auf die
Knorpelhomöostase untersucht. Zu diesem Zweck wurden verschiedene Mausstämme mit Mutationen in Genen, die an der HS-Synthese oder Modifikation beteiligt sind, analysiert. Ausgangspunkt war dabei die Beobachtung von Läsionen im Gelenkknorpel von Mäusen mit einer klonalen Deletion der Glycosyltransferase Ext1 (Col2-rtTA-Cre;Ext1fl/fl). Die Zellen innerhalb dieser Läsionen sind stark vergrößert und grenzen sich vom umliegenden Gewebe durch die Produktion einer Proteoglykan (PG)-reichen Matrix ab. In früheren Studien wurden diese Zellen als hypertrophe Chondrozyten und damit als Anzeichen für OA gedeutet. In dieser Arbeit konnte gezeigt werden, dass die Läsionen aus Ext1-defizienten Zellen bestehen. Im Gegensatz zur früheren Hypothese exprimieren die Zellen kein Kollagen Typ X, einen Marker für hypertrophe Chondrozyten. Zudem ähneln sie auch histologisch eher tiefen Zellen der Radiärzone des Gelenkknorpels. Demnach handelt es sich nicht um typische hypertrophe Chondrozyten, wie sie in der Wachstumsfuge vorliegen. Gleichzeitig zeigte sich, dass die Ext1-defizienten Cluster nicht zu einer verstärkten Entwicklung von spontaner OA führen, sondern davor schützen. Neben dem Schutz vor OA wurden zusätzliche Unterschiede zur Kontrolle festgestellt. Die Wachstumsfuge der mutanten Mäuse schloss sich und das Volumen des trabekulären Knochens war vermindert, vermutlich auf Grund einer erhöhten Osteoklasten-Aktivität. In der Wachstumsfuge wurden zudem Klone Ext1-defizienter Zellen identifiziert, die eine gestörte Orientierung aufweisen. Dies könnte auf Änderungen im planar cell polaritySignalweg hindeuten.

Im zweiten Teil der Arbeit wurden die Auswirkungen der HSPGs auf die OA-Pathogenese näher untersucht. Dazu wurde zuerst eine OP zur chirurgischen Induktion von OA in Mäusen etabliert. Anschließend wurden zwei Mausstämme mit einer verminderten HSSynthese (Col2-rtTA-Cre;Ext1fl/fl und Ext1+/-) und zwei Mausstämme mit einem verminderten Sulfatierungslevel (Col2Cre;Ndst1fl/fl und Ndst1+/-) untersucht. Es zeigte sich, dass die klonale Deletion von Ext1 auch vor chirurgisch induzierter OA schützt, während die Verminderung der HS-Level in Ext1+/- Mäusen zu keinem detektierbaren Unterschied führte. Dies lässt sich eventuell damit erklären, dass die HS-Level durch eine Dosis-Kompensation nicht ausreichend reduziert wurden, um einen Unterschied zur Kontrolle hervorzurufen. Die Stämme mit Mutationen im Ndst1-Gen waren dagegen beide vor OA geschützt.
Um die molekularen Mechanismen zu untersuchen, die zu dem Schutz vor OA führen, wurde sowohl die Synthese von Matrixproteinen als auch die Degradation von Aggrecan durch Proteasen analysiert. Es konnte gezeigt werden, dass die Ext1-defizienten Cluster verschiedene strukturelle Komponenten der extrazellulären Matrix, wie Aggrecan, Perlecan, Col II, Matn-3 und -4, verstärkt synthetisieren. Dies deutet darauf hin, dass in den Zellen anabolische Signalwege aktiviert sind. Gleichzeitig deuten erste Versuche an Femurkopf-Explant-Kulturen darauf hin, dass die Degradation von Aggrecan durch Proteasen der Mmp und Adamts-Familien sowohl in den Col2-rtTA-Cre;Ext1fl/fl als auch den Ndst1-defizienten Mäusen vermindert ist. Dies deckt sich mit Ergebnissen eines Microarrays, in dem ein Expressionsprofil von Ndst1-defizientem Gelenkknorpel erstellt wurde. In diesem Array waren mit Mmp3 und Cathepsin S gleich zwei Proteasen unter den
zehn in den Mutanten am stärksten negativ regulierten Genen. Dies könnte die Degradation von Aggrecan und Kollagenfasern vermindern. Eine mögliche Ursache für die geänderte Balance zwischen Knorpel Auf- und Abbau liegt in einer veränderten Mechanotransduktion der mutanten Zellen. Mit Hilfe von immunhistochemischen Analysen wurden Hinweise gefunden, dass in den Ext1-defizienten Klonen Integrin-abhängige Signalkaskaden aktiviert sind. Ob und wie andere Signalwege in den Schutz der mutanten Mäuse vor OA involviert sind sollte in zukünftigen Studien analysiert werden.

Osteoarthritis (OA) is a common degenerative joint disease mostly affecting elderly
patients. It is characterized by unbalanced degradation and regeneration of cartilage matrix leading to a loss of joint function accompanied by chronic pain. The pathogenesis of OA is influenced by several factors, including heparan sulfate proteoglycans (HSPGs). HSPGs consist of long, linear polysaccharide chains attached to a core protein. The sugar chains are modified by different sulfotransferases and one epimerase. These enzymes determine the tissue-specific degree and pattern of HS sulfation, thereby influencing the affinity of these chains to interacting proteins. In this study we investigated the function of heparan
sulfate (HS) level and structure in articular cartilage maintenance. Towards this aim, we analyzed healthy and OA tissue of transgenic mice deficient in different HS-synthesizing or -modifying enzymes. In a previous study, lesions in the articular cartilage of mice carrying a clonal deletion of the glycosyltransferase Ext1 were detected. The lesions consist of enlarged cells that are separated from the surrounding tissue due to the production of a proteoglycan (PG)-rich matrix. Based on their phenotype, those cells have been interpreted as hypertrophic chondrocytes and therefore as signs of early OA. This thesis provides evidence, that in contrast to this hypothesis, the lesions consist of Ext1-deficient cells, resemble deep
articular chondrocytes adjacent to the tidemark and are negative for the hypertrophic marker Collagen X. Analyses of ageing mice unexpectedly revealed, that in contrast to previous assumptions the clusters protect against OA. In addition to the articular cartilage phenotype, an advancing growth plate closure and trabecular bone loss was discovered. This might be explained by an increased osteoclast activity. Inside the growth plate, clones of Ext1-negative cells were detected. Their disorganized phenotype points to disturbances of the planar cell polarity pathway. To investigate the influence of altered HS levels and structure on OA development a surgical model of OA in mice was established. Using this model, two mouse strains with decreased HS levels (Col2-rtTA-Cre;Ext1fl/fl and Ext1+/-) and two strains with decreased HS sulfation (Ndst1+/-and Col2Cre;Ndst1fl/f) were analyzed. While the clonal deletion of Ext1 protected against OA development, no differences could be detected in Ext1+/- mice.
It is possible, that the reduction of HS levels induced by Ext1-heterozygosity is not
sufficient to influence OA progression. In contrast to this, both Ndst1-deficient mouse strains were protected against OA. To elucidate the molecular mechanisms underlying the protection against OA, cartilage matrix synthesis and degradation were investigated. Interestingly, the levels of specific matrix structural components like Aggrecan, Col II, Matn-3 and 4 were increased in the pericellular matrix surrounding Ext1-deficient clusters. This indicates an activation of anabolic pathways in those cells. Moreover, preliminary results indicate a decreased protease activity in cartilage explant cultures of Ext1 and Ndst1 mutants. In those cultures, reduced levels of Mmp and Adamts specific Aggrecan Neo-epitopes were detected. In addition, a microarray analysis of Ndst1-deficient articular cartilage identified the proteases Mmp3 and Cathepsin S among the ten most strongly-repressed genes. Hypothetically the shifted balance between anabolic and catabolic pathways could be explained by altered mechano-transduction pathways. Immunohistochemical analysis of Ext1-deficient clusters showed that integrin-dependent signaling cascades might be activated in the mutant cells. Future studies should elucidate how the reduced HS levels or the altered sulfation patterns participate in regulating those pathways and how this influences OA pathogenesis.

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