Zeitaufgelöste Elektronenbeugung an Oberflächen - Anregung von Oberflächenphononen dünner Bismuthfilme und Bleiinseln auf Silizium(111)

In dieser Arbeit wurde mittels zeitaufgelöster hochenergetischer Elektronenbeugung in Reflexion (RHEED) die Gitteranregung der Oberfläche von dünnen Bismuthfilmen und Bleiinseln auf Silizium(111) untersucht. Um Anregungszeitkonstanten von nur wenigen Picosekunden messen zu können, musste die Zeitauflösung des Experiments verbessert werden. Dazu wurde ein optischer Aufbau in den experimentellen Aufbau implementiert, der die Laserpulsfront des anregenden Laserpulses schrägstellt. Die Zeitauflösung konnte auf etwa 1 ps verbessert werden. Die Verbesserung der Zeitauflösung ermöglicht es uns, die Anregung des Oberflächengitters eines dünnen Bismuthfilms mit der des Volumens zu vergleichen, die bereits mit Transmissionselektronenbeugung (TED) untersucht wurde. Mit beiden Methoden wird aufgrund des Debye-Waller Effektes ein Einbruch der Beugungsintensität beobachtet, aus dem die Anregungszeitkonstante bestimmt werden kann. Auffällig ist, dass die Zeitkonstante für die Oberflächenanregung des dünnen Bismuthfilms mit 12,5 ps etwa 4 mal größer ist als die für Volumenanregung. Die unterschiedlichen Zeitkonstanten können dadurch erklärt werden, dass Volumenmoden durch Elektron-Phonon-Kopplung in 2-4 ps angeregt werden und die Oberflächenmoden mit einer Zeitkonstante von 12,5 ps angeregt werden. Der Einfluss der Volumenmoden an der Oberfläche ist verschwindend gering. Für die Bleiinseln auf Silizium(111) wurde eine Anregungszeitkonstante von 3,8 ps ermittelt. Aufgrund stärkerer Elektron-Phonon- und Phonon-Phonon-Kopplung als bei Bismuth war eine kürzere Zeitkonstante zu erwarten. Die üblich bei RHEED angewandte Auswertemethode setzt eine equilibrierte Phononenverteilung. In unserem Fall, unmittelbar nach der Anregung, ist diese Bedingung nicht gegeben. Daher erfolgte eine alternative Auswertung der RHEED-Daten analog zu der bei TED-Daten üblichen Auswertung ("TED-Analyse"). Dabei wurde beobachtet, dass die mit dieser Methode ermittelten Zeitkonstanten mit steigendem Intensitätseinbruch kürzer wurden. Dieses Verhalten wird durch eine Näherung verursacht, die bei der "TED-Analyse" verwendet wird und nur für kleine Intensitätseinbrüche gültig ist. Bei TED-Experimenten sind die Intensitätseinbrüche meist kleiner als 20%, während bei RHEED-Experimenten auch häufig Einbrüche von 40% und mehr auftreten. Der Einfluss der Größe des Intensitätseinbruchs auf die Zeitkonstante wurde in dieser Arbeit bestimmt, um den Bereich zu ermitteln, in dem die Näherung gültig ist und die "TED-Analyse" verwendet werden darf. Für Intensitätseinbrüche unter 20% liegt der Fehler der bestimmten Zeitkonstante unter 10%. Für größere Intensitätseinbrüche nimmt die Zeitkonstante dramatisch ab und eine andere Auswertemethode muss angewandt werden. Dieses Ergebnis ist für die Auswertung aller zeitaufgelösten Beugungsexperimente wichtig: die üblich angewandte Auswertungsmethode darf nur genutzt werden, wenn die oben genannten Bedingungen erfüllt sind und der Intensitätseinbruch nicht zu groß ist.

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