Photodesorption von Schwefeldioxid von ultradünnen Silberfilmen auf Silizium-Substraten

In der vorliegenden Arbeit wurde die Untersuchung der Photodesorption von Schwefeldioxid auf ultradünnen Silberfilmen, welche auf einem Siliziumsubstrat aufgedampft sind, eingesetzt, um Aufschluß über die Elektronendynamik solcher System zu bekommen. Wie sich in den vergangenen Jahren herausstellte, wird die Photochemie hauptsächlich duch einen substratvermittelten Mechanismus ausgelöst, bei dem im System heiße Elektronen angeregt werden, die mit dem Adsorbat wechselwirken, falls dieses ein erreichbares Affinitätsniveau besitzt. Dieser Mechanismus wird von drei Faktoren bestimmt, 1. von der Eindringtiefe des Lichts im System, 2. von der freien Weglänge der angeregten Elektronen und 3. von der Wahrscheinlichkeit, daß die angeregten Elektronen zum Adsorbat gelangen. Der Einsatz eines Metall-Halbleiter-Schichtsystems machte es möglich, die oben genannten Faktoren durch Variation der Metallfilmdicke voneinander getrennt zu betrachten und so detaillierteren Einblick in die Dynamik des Adsobat-Substrat-Systems zu gewinnen. Wichtig war die Präparation eines glatten und geschlossenen Metallfilms von variabler Dicke. Dies gelang durch das Einhalten eines besonderen Reinigungszykluses des Substrats und eines bestimmten Aufdampfprozederes des Metalls. Die Oberflächenbeschaffenheit der Filme wurde durch AFMUntersuchungen und LEED-Bilder geprüft, und die Aufnahmen beweisen das gelungene Aufwachsen eines atomar flachen, epitaktischen Films gewünschter Struktur. Gemessen wurde die Abhängigkeit des Photodesorptions-Wirkungsquerschnitts des Systems SO2/Ag(111)/Si(100) von der Silberfilmdicke. Diese Abhängigkeit wurde bei drei unterschiedlichen Wellenlängen (Lambda=266nm, Lambda=355nm und Lambda=532nm) unter senkrechtem Lichteinfall und zusätzlich unter schrägem Lichteinfall bei Lambda=266nm ermittelt. Es ergibt sich, daß der Photodesorptions-Wirkungsquerschnitt für alle Wellenlängen bei Filmen, die dicker als etwa 30nm sind, jeweils einen konstanten Wert besitzt; er beträgt bei Lambda=266nm etwa 20*10 ("hoch")-20cm ("hoch")2, und er verkleinert sich mit zunehmender Wellenlänge um jeweils etwa eine Größenordnung. Interessant ist der zu beobachtende Anstieg des Wirkungsquerschnittes Lambda=266nm und Lambda=355nm mit abnehmender Filmdicke. Er ist bei einem 5nm dicken Film etwa um den Faktor 3 bis 4 größer als der eines Silber-Einkristalls. Dieses Phänomen kann bei Lambda=532nm nicht festgestellt werden. Die Messungen unter schrägem Lichteinfall zeigen einen noch stärkeren Anstieg des Photodesorptions-Wirkungsquerschnittes mit abnehmender Filmdicke. Durchgeführte ToF-Messungen zeigen unterschiedliche Translationsenergien der desorbierenden Moleküle für Lambda=266nm bzw. Lambda=355nm und Lambda=532nm und führen so zu der Annahme, daß bei Einstrahlung von Licht der Wellenlänge Lambda=532nm ein weiterer noch unerklärter Mechanismus die Photodesorption beeinflußt als bei den beiden kürzeren Wellenlängen. Bestätigung finden die Meßergebnisse durch ein selbst entwickeltes Modell, welches die Anzahl der heißen Ladungsträger berechnet, die mit dem Adsorbat in Wechselwirkung treten können. Dieses Modell berücksichtigt die Menge der absorbierten Photonen im Silber und Silizium, welche neben den Substrateigenschaften von der Filmdicke und der eingestrahlten Wellenlänge abhängt, und ermittelt die Anzahl dadurch generierter heißer Ladungsträger, die die Vakuum-Grenzschicht erreichen. Diese Anzahl ist (wiederum) eine Funktion der Silberfilmdicke und der freien Weglänge der Elektronen. Unter der Annahme, daß die im Silizium entstehenden Elektronen etwa 10mal effizienter mit dem Adsorbat wechselwirken als die im Silber generierten, entsprechen die Modellvorhersagen den experimentellen Werten. Vorallem für Lambda=266nm kann eine sehr gute Übereinstimmung beobachtet werden. Der Wert für den Wirkungsquerschnitt bei Lambda=355nm ist im Experiment kleiner als die Theorie es annimmt. Einen Erklärungsansatz dafür und für die höhere Effizienz der im Silizium entstandenen Elektronen liefert eine Betrachtung der oberflächenprojizierten Bandstrukturen von Silber und Silizium. Da bei Einstrahlung von Lambda=355nm, was einer Energie von 3,5eV entspricht, der gemessene Photodesorptions-Wirkungsquerschnitt geringer ist als erwartet, wird vermutet, daß das Affinititätsniveau des Adsorbats in genau diesem Energiebereich liegt, so daß die Energie der heißen Ladungsträger nicht immer ausreicht, um mit dem Adsorbat wechselwirken zu können. Die oberflächenprojizierte Bandstruktur von Silber(111) weist in ? - Richtung von – 0,4 bis 4eV (bezogen auf das Ferminiveau) eine maximale Bandlücke auf, die mit zunehmender Parallelkomponente des Kappa-Vektors schmaler wird. Somit läge das Affinitätsniveau genau in der Bandlücke, und die Wahrscheinlichkeit, daß Elektronen aus dem Silber mit entsprechender Energie angeregt werden können ist in ? - Richtung klein. Sie wächst mit größerer Parallelkomponente des Kappa-Vektors (? - Richtung), allerdings reduziert sich dadurch die Wahrscheinlichkeit des Anhängens des Elektrons an das Adsorbat. Silizium(100) hingegen besitzt in ? - Richtung eine minimale Bandlücke von 1,1eV. Es können somit im Silizium Elektronen adäquater Energie angeregt werden, denen es möglich ist den Silberfilm zu durchtunneln und zum Adsorbat zu gelangen. Die Vermutung, daß die mit dem Adsorbat wechselwirkenden Elektronen hauptsächlich aus dem Silizium stammen, wird durch kürzlich durchgeführte 2PPE-Messungen bestätigt. Das unter anderem hier gewonnene Meßergebnis, die Zunahme des Photodesorptions-Wirkungsquerschnitts mit abnehmender Filmdicke, untermauert die Überlegungen von Zhdanov et al., nach denen sich der Photodesorptions-Wirkungsquerschnitt eines Metall-Halbleiter-Schichtsystems bei geringen Filmdicken um etwa einen Faktor 10 (verglichen zum Wirkungsquerschnitt des Bulkmetalls) vergrößert.

Vorschau

Zitieren

Zitierform:
Zitierform konnte nicht geladen werden.

Rechte

Nutzung und Vervielfältigung:
Alle Rechte vorbehalten