Logos im Schweigen und Reden : Studien zum Zusammenhang von Sprache und Bildung

1. Pluralismus nimmt Vorbehalte gegenüber der Wahrheit für sich in Anspruch. Der Gedanke ist nicht neu, was die Kapitel über das Schweigen belegen. Es gibt eine Tradition seit der griechischen Antike, genauer seit Platon, welche die Nicht-Lehrbarkeit von Wahrheit sprachlich begründet und als angemessene Haltung die des Schweigens einnimmt.
2. Die logische Bindung von Wahrheit, Erkennbarkeit der Wahrheit und Lehrbarkeit der Wahrheit, das Korrelat aus Schweigen und Reden, verheißt Antworten auf die plurale Wahrheitsfrage aus den in dieser Arbeit entfalteten beiden systematischen Traditionslinien des Schweigens und Redens.
3. Nimmt der Pluralismus seinen ihm eigenen Pluralitätsgedanken ernst, muss diese Pluralität antike, christliche, genauer patristische und scholastische (nota bene!), ideal- und normalsprachliche, das heißt zusammengefasst, logische und (metaphysisch-) ontologische (nota bene!) Ansätze einschließen. Damit wendet sich diese Arbeit explizit gegen eine Tradition, die seit postaufklärerischen Zeiten eben die besonders hervorgehobenen Theoriearten ausschließt. Als Problem mag der Wahrheitsanspruch der genannten Sprachspiele erscheinen, aber die Arbeit zeigt, dass Vorbehalte gegenüber Wahrheit auch innerhalb dieser gegeben sind. Sie gehören nicht auf den historischen 'Kehrichthaufen' (Helmer).
4. Dem Menschen ist Seiendes vorgegeben, dahingestellt, ob es ideal (Platon), metaphysisch (Aristoteles, Augustinus, Thomas) oder im mystisch Unsagbaren (früher Wittgenstein) verbürgt, gedacht wird. Der Mensch findet eine Welt vor. Selbst, wenn die einzige Zugangsweise seine Sprache ist, die ihn quasi solipsistisch auf eben diese begrenzt (TLP), zwingt den Menschen sein In-die-Welt-gestellt-Sein zu sprachlichem Agieren (PU) als Umgang mit Welt.
5. Wahrheit, Erkenntnis und beider Lehrbarkeit entziehen sich, sind schweigend. Dennoch ist Reden die einzige Möglichkeit, mit diesen Schwierigkeiten umzugehen. Das zeigt die vorliegende Arbeit in Anbindung an den antik-heraklitischen Logos-Begriff. Dies korrespondiert mit der Erfahrung eines jeden Pädagogen, dass alle Erklärung, Demonstration oder Exemplarik an ein Ende führt: Erkenntnis lässt sich nicht 'machen', sie vollzieht sich außersprachlich, im Innern, im Schweigen. Dennoch bleiben Fragen, die zu Erkenntnis anregen und auffordern oder als Chancen, diesem Problem redend zu begegnen.
6. Erkenntnisse sind ohne Wahrheitsanspruch zu lehren. In der Unsicherheit ungewissen Wissens muss der Lehrer eben mit dieser Ungewissheit umzugehen lehren und doch Inhalte vermitteln (substantiell schweigend, formaliter redend).
7. In einer lauten, medien- und reizüberfluteten Gegenwarts-Welt erscheint es nicht sinnvoll, auch noch unterrichtliche Situationen mit medialen Reizen zu überfrachten, wie es gegenwartsdidaktische Ansätze gemeinhin tun. Erkenntnissen – wenn auch mit eingeschränktem Geltungsanspruch – sollte Raum gegeben werden. Dieser Raum wird als letztes Ergebnis dieser Arbeit im Schweigen gesehen. Kontemplation erscheint nicht nur im Mittelalter, sondern auch in der Gegenwart als pädagogisch sinnvolle Übung.
8. Diese Konklusionen weisen den Weg zu einer Didaktik des Schweigens.

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